Dünne Luft für Billigflieger

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Dünne Luft für Billigflieger

Beitrag von Rolf »

WAZ vom 24.8.2008:

Dünne Luft für Billigflieger
Essen. Steigende Kerosinpreise haben auch die Ticketkosten nach oben getrieben. Viele Airlines schreiben Verluste und reagieren durch Ausdünnung der Flugpläne. Billig fliegen wird schwieriger – aber nicht unmöglich.

Es war eine Revolution, die von Billig-Fluglinien: Vorbei die Zeiten, in denen Flüge außer per Pauschalangebot nach Mallorca nur etwas für Bessergestellte waren. Für einen Cent nach London? Alles schien im Billigflieger-Paradies möglich – bis der Kerosin-Schock kam. Nachrichten von Treibstoff-Zuschlägen, steigenden Ticket-Preisen und Airlines in der Krise häufen sich. Wird das Fliegen nun wieder zum Privileg der Oberschicht? Eine Bestandsaufnahme.

Die Probleme

Auch Ryanair machen die hohen Spritpreise zu schaffen. Die Kosten für Kerosin setzen Airlines weltweit zu. Deutschlands größtes Unternehmen Lufthansa rechnet für 2008 mit Treibstoffkosten von 5,6 Milliarden Euro, das wären 1,7 Milliarden Euro mehr als 2007. 80 Millionen Euro Mehrkosten veranschlagt die deutsche Nummer zwei Air Berlin. Dabei haben die Fluglinien sich abgesichert, sagt der Hamburger Luftfahrt-Experte Cord Schellenberg. Weil sich viele rechtzeitig Öl zu einem günstigen Kurs sicherten, müssen sie nicht mehr als 60 bis 80 US-Dollar für das Barrel Öl zahlen. Der Weltmarktpreis liegt bei 120 US-Dollar. Schwierig werde es, wenn der Ölpreis über 100 Dollar bleibe. „Weil der Preis so hoch ist, verzichten die Fluggesellschaften auf weitere Absicherungsgeschäfte. Sinkt der Ölpreis, geht das auf, steigt er weiter, schlägt er bald voll durch.”

Schon jetzt können Airlines ihre Mehrkosten nicht komplett an die Kunden weitergeben. Zwar verlangen viele ständig steigende Treibstoffzuschläge, doch langfristig lasse sich das in der Economy-Klasse kaum durchhalten, prognostiziert Schellenberg. „Bei günstigen Flügen sind die Kunden preisbewusst und wandern zur Konkurrenz ab.” Größer seien Gewinn-Margen bei Interkontinental-Flügen, da in Business- und erster Klasse viel Geld verdient werde und Treibstoffzuschläge akzeptiert würden. Dieses Segment können Billig-Flieger nicht anbieten, so dass ihnen ein Gewinnfaktor fehlt.

Wie Airlines reagieren
Viele Linien sind in der Defensive. Ryanair rechnet 2008 mit Verlust, bei Air Berlin haben Analysten Existenzgefahr ausgemacht. Die Strategie aggressiven Wachstums ist vorbei. Flugzeug-Flotten werden verkleinert, Verbindungen zu unrentablen Zielen eingestellt und beliebte Orte seltener angeflogen, um die Auslastung zu erhöhen. Air Berlin legt im Winter 14 seiner 134 Maschinen still, Tui Fly speckt von 56 auf 48 ab, Germanwings von 29 auf 25 Flugzeuge. Ein Spagat: „Im deutschen und europäischen Geschäftsreiseverkehr ist eine Vielzahl von Frequenzen gefragt. Wer keine Marktanteile verlieren will, muss auf Kundenwünsche eingehen”, sagt ein Air-Berlin-Sprecher. Ryanair will Bargeld-Reserven anzapfen, um Preise zu halten. Einige Gesellschaften fliegen bereits langsamer, um Kerosin zu sparen.

Innovationen
15 Prozent Energie-Ersparnis in den kommenden zehn Jahren hält Volker Gollnick, Leiter des Institutes für Lufttrans-portkonzepte des Deutschen-Luft- und Raumfahrtzentrums, für realistisch. Verbesserte Landeklappen sollen Sprit bei Start und Landung sparen. „Das wird im Kurz- und Mittelstreckenbereich viel bringen.” Für die Langstrecken arbeitet sein Institut an Flügelformen, die weniger kerosinfressende Luftverwirbelungen erzeugen.

Preisentwicklung
An dauerhaft günstige Preise glaubt Gollnick dennoch nicht. „Steigende Energiekosten lassen sich nicht komplett kompensieren.” Zuversichtlicher ist Cord Schellenberg. „Spaß-Angebote für wenige Euro werden seltener, aber aufgrund ihrer Werbe-Wirkung nicht verschwinden.” Frühes Buchen nach Öffnung der Flugpläne sei angesagt: „Die Zeiten, in denen es drei Wochen vor dem Termin günstige Angebote gab, sind vorbei.” Der Preisvergleich wird wichtiger, denn Billigflieger sind kreativ: Wer Gepäck aufgeben will, muss teils zuzahlen. Der nächste plant Extrakosten, wenn nicht online, sondern am Flughafen eingecheckt wird. Ein anderer verlangt Bares fürs Kopfkissen. Die Flughafen-Fülle rund ums Ruhrgebiet mit Düsseldorf, Weeze, Köln, Dortmund, Paderborn und Münster bietet trotz Energie-Krise eine Chance: Nirgends sonst gibt es so viele Alternativen.
gefunden in der WAZ online 27.8.2008
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